Südafrika
Northern Cape - Kalahari Adventure
12. Oktober 2011 - 25. Oktober 2011



11. Tag - Kgalagadi Transfrontier Park, Mata-Mata

Da früh am Morgen ja die größten Chancen bestehen, Tiere zu beobachten, klingelte auch heute schon um 5:00 Uhr der Wecker und um 6:02 Uhr verließen wir das Camp. Wir erhofften uns heute wieder Katzen :-)

Kurz vor dem Sitzas-Wasserloch standen Autos am Padrand und alle guckten in die gleiche Richtung, bis auch wir sie sahen, die vier Löwen, die faul im Gras herumlagen. Es war schwierig, sie zu fotografieren, bis wir schließlich weiterfuhren und nach ein paar Kilometern erneut stehen blieben. Ein fünfter Löwe lief die Pad entlang, kam genau auf zu und als er fast neben unserem Fenster stand, meldete sich meine Kamera, Akku leer. Ganz toll!

Der Ersatzakku war irgendwo im Fotorucksack vergraben und der lag auf dem Rücksitz, wo ich jetzt gerade nicht rankam. Der Löwe lief zu seinen weiblichen Genossen und legte sich zu ihnen ins Gras.

Am 9 Kilometer entfernten Craig-Lockhardt-Wasserloch lag ein weiterer Löwe unter einem Baum direkt an der Straße. Als er den Kopf niederlegte, fuhren wir weiter zum Dalkeith-Wasserloch, da, wo gestern früh unsere Löwenmama mit Kind frühstückte. Heute war hier nichts los, keine Löwen und keine Geparden.

Noch ein Stück weiter zum Veertiende Boorgat-Wasserloch sahen wir auch nichts mehr, alles schien sich wohl da vorne abzuspielen.

Also wieder zurück zum Dalkeith und dort entdeckten wir in einem Baum einen Kampfadler (Martial Eagle), der gerade ein undefinierbares Tier auseinandernahm (Foto rechts).

Daneben saß ein Gelbschnabeltoko (Southern Yellow-billed Hornbill), der ihm gespannt dabei zusah. Wirklich sehr appetitlich.

Zurück am Craig-Lockhardt hatte es sich der Löwe wohl doch anders überlegt und beschloss, etwas trinken zu gehen. Etliche Autos standen drum herum und er ließ sich von keinem stören. Zufrieden setzte er schließlich seinen Weg ins Gras fort und verschwand langsam hinter einer Düne.

Wir fuhren an der Pad mit um zu sehen, ob er auf der anderen Seite wieder auftaucht. Dem war aber nicht so. Stattdessen wurde die große Springbockherde vor der Düne äußerst unruhig und schreckte plötzlich wie aus dem Nichts auf. Die gesamte Herde setzte sich in Bewegung, fegte vor unserem Auto über die Pad, wirbelte Staub auf und kam wieder zu Ruhe. Keine Ahnung, was in sie gefahren ist. Wenig später lief das mutige Leittier voran, alle anderen folgten ihm. Ganz unauffällig. Als er stehen blieb, blieb die ganze Herde stehen. Dann trabten sie los, ganz leise am liegenden Löwen hinter der kleinen Düne vorbei zum Wasserloch. Wenn die wüssten, dass Löwe gar nicht interessiert an ihnen ist.

Zurück am Sitzas-Wasserloch sahen wir erneut Autos am Straßenrand und wieder guckten alle in die gleiche Richtung. Links im Gras, leider ziemlich weit weg, entdeckten wir endlich einen Gepard, nach dem ich so lange gesucht habe. Eigentlich habe ich nach Leoparden gesucht, aber mit Geparden gebe ich mich auch zufrieden :-) Doch es war nicht nur einer, zwei Gepardenkinder streckten ihre Köpfe über das Gras und alle drei blickten neugierig zu uns rüber. Danach verschwanden sie in den Weiten der Steppe.

Ein Stück weiter sahen wir hinten zwischen zwei Bäumen wieder Löwen faul herumliegen, ich glaube, das waren die gleiche von vorhin. Trotzdem konnten wir es kaum glauben, dass wir in kürzester Zeit 6 Löwen und 3 Geparden zu Gesicht bekamen.

Hunger machte sich breit, wir fuhren ins Camp und frühstückten. Gegen 10:30 Uhr ging's wieder zurück zum Sitzas-Wasserloch und hier begann unser kleines, oder auch großes Löwenerlebnis. Zu beachten ist, dass um diese Tageszeit nicht mehr viele Touristen unterwegs sind, denn meistens sind nur morgens und abends die Chancen, Tiere zu sehen, am größten, aber seltener tagsüber.

Wir stellten unser Auto am Wasserloch in eine günstige Position unter einen großen Schatten spendenden Baum mit Blick auf das ruhende Löwenpärchen weiter hinten.

Da wir heute sowieso ganz viel Zeit hatten und Herumfahren eher uneffektiv ist, blieben wir hier einfach mal stehen und warteten, was passiert. Wir hatten unsere Bücher dabei, Wasser und Kekse. Vertieft in unsere Geschichte blickte ich hin und wieder auf um nach dem Rechten zu sehen. Nichts passierte. Aber nach einer halben Stunde stand eine Löwin auf und nahm Kurs auf das Wasserloch. Ihr Beschützer beobachtete seine Dame und lief ihr schießlich nach. Mit nasser Schnautze kam sie direkt zu unserem Auto und legte sich ungefähr zwei Meter von uns entfernt in den Schatten des Baumes (Foto rechts).

Schon jetzt hatte ich ein wenig Herzklopfen, immerhin hat man nicht jeden Tag die Gelegenheit, einem Löwen so nah zu sein, verlassen von anderen Touristen und mitten in der Einsamkeit. Ihr Beschützer und zwei weitere Löwinnen folgten ihr im Trabschritt und mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck der sagte, dass sie ja nicht alleine zu diesen Menschen gehen soll.

Ich bekam ein bisschen Angst, nur ein ganz kleines bisschen. Mein Herz klopfte so laut, ich konnte ganz deutlich das Stirnrunzeln bei den Löwen erkennen. Ja! Sie guckten uns an, suchten sich Plätze im Schatten neben uns und machten es sich gemütlich, der Beschützer immer mit einem wachsamen Augen auf uns gerichtet (Foto links). Ich fühlte mich beobachtet. Er wahrscheinlich auch. Basti fand das witzig, hier zwischen vier Löwen zu stehen, die das Auto einkreisten, so dass wir nicht mehr wegfahren konnten. Aber wollten wir das überhaupt, trotz der kleinen Panik, die ich hatte?

Stattdessen setzen wir etwas zurück, um wieder im Schatten zu stehen. Die Sonne wanderte, es wurde wärmer. Die Löwen platzierten sich um, einer legte sich genau vor's Auto, einer genau dahinter. Wir waren umzingelt. Es wurde Mittag, Nachmittag, die Sonne brannte, 35°C im Schatten. Um 14:23 Uhr, ja, genau um diese Zeit, wir standen bereits vier Stunden, stellte sich das Männchen auf und kam zu nah ans Auto heran, also keine zwei Meter entfernt, und schaute mir direkt in die Augen (Foto rechts). Ich konnte den Blick nicht abwenden, auch wenn ich weiß, dass durch direkten Blickkontakt Raubkatzen aggresiv werden können. Aber der Anblick war einfach zu schön und beängstigend.

Ich wollte das Fenster schließen, doch es schloss nicht, es schleppte sich nur halb nach oben und versagte. Was ist denn jetzt los? Wir zündeten den Motor, aber der brummte nur, genau wie die neugierig gewordenen vier Löwen. Batterie leer. Panik! Was jetzt? Kein Wasser mehr trinken, bevor noch einer von uns ganz eilige Bedürfnisse bekommt. Aber was machen wir jetzt genau?

Ab und zu fahren zwar Touristen vorbei, aber schon seit einer Stunde war keiner mehr hier. Es nützte nichts, den nächsten müssten wir irgendwie mit Handzeichen anhalten. Als jemand kam, wunken wir ihn zu uns herüber, mittlerweile hatten die Löwen soweit Platz gemacht, dass das Auto an uns heranfahren konnte. Wir erklärten kurz und fragten, ob sie uns einen Game Guarde schicken könnten. Gesagt, getan, das Camp war nicht weit weg und Hilfe nah. Wenn nur alles so einfach wäre. Der Guarde kam zwar schnell, stellte sein Auto hinter unseres, konnte aber überhaupt nichts machen, außer zusehen und warten. Wie die Löwin auch (Foto links).
Bei dieser für mich angespannten und für Basti äußerst amüsanten Lage habe ich es trotzdem zustande gebracht, mit zittrigen Händen tolle Fotos zu machen. Das Tele war unnötig bei der kurzen Distanz. Als das Männchen schließlich seine Position wieder vor unser Auto verlagerte, machte er etwas, was man bei Tieren nur selten sieht, flehmen, ein gezieltes und mit geöffnetem Maul erkennbares Wittern nach spezifischen Gerüchen, in dem Fall Geschlechtsgerüche seiner Dame (Foto rechts). Erst jetzt erkannte ich, dass sie einen dickeren Bauch und vergrößerte Zitzen hat. Der werdende Papa beschützt also seine Dame und lässt sie deshalb nicht aus dem Auge. Gut so.

Um genau 15:45 Uhr gesellte sich ein fünfter Löwe dazu, der schon den ganzen Tag hinten unter einem Baum ruhte. Unser Beschützer fand das gar nicht witzig, lief hinter unser Auto, wo sich der fünfte Löwe breitmachte. Er fauchte und keifte ihn an und bekam ein so lautes Brüllen zurück, dass ich wieder Angst bekam. In der Tat wetteifern Männchen um die Weibchen und liefern sich Schlachten. Jedes Männchen verteidigt sein Rudel auf's Extremste, doch sind die Konkurrenten stärker, werden die Revierbesitzer vertrieben oder im Kampf besiegt.

Mittlerweile hatte der Guarde umgeparkt, stand nun direkt vor unserem Auto und beobachtete die Szene. Er konnte immer noch nicht viel machen, Starthilfe ist nicht wegen bösartig gewordener Löwen und überhaupt steigt man nicht in Gesellschaft von fünf Löwen aus seinem Wagen und eine andere Idee gab es nicht.

Ein Polizeiauto traf ein und stellte sich ebenfalls direkt vor unseres. 16:10 Uhr, der Guarde nahm den Mut zusammen und öffnete seine Wagentür. Der ist verrückt geworden! Beide Löwenmännchen standen auf und legten die Ohren an. Kein gutes Zeichen! Game Guarde und Polizist stellten ihre Autos so schräg vor unseres, dass in der Mitte Platz zum Aussteigen war, ohne dass die Löwen sie dirkte sehen konnten. Also saß er an seiner geöffneten Wagentür, hob ein Bein hinaus um es schnell wieder zurückzuziehen und legte dann doch ein Abschleppseil an unser Auto. Der Polizist sollte ebenfalls aussteigen, verweigerte dies aber mit Kopfschütteln, Grinsen und dem Zeigefinger an der Stirn. Finstere Blicke der beiden Löwen begleiteten Guarde und Polizist bis das Seil endlich lag und wir herausgezogen werden konnten. 16:18 Uhr sprang das Auto durch das Ziehen mit gedrückter Kupplung wieder an. Gerettet!

Zurück im Camp unterhielten wir uns mit dem Guarde und er erzählte uns, dass er den Job schon seit 6 Jahren macht, zuvor Game Ranger gewesen ist und es immer wieder passiert, dass Autos irgendwo steckenbleiben. Aber dass das steckengebliebene Auto von fünf Löwen umzingelt ist, hat selbst er noch nie erlebt. Er erzählte von seinen bisherigen Abenteuern und meine Frage, ob er abends öfter ausrücken muss, wenn sich Touristen mit ihrem Permit nicht zurückgemeldet haben, bejahte er. Als Dankeschön spendierten wir dem Guarde und seinem Sohn Getränke und Süßigkeiten.

Danach fuhren wir noch einmal ins Veld hinaus um vielleicht die Gaparden wiederzusehen. Wir haben ja noch nicht genug. Auf dem Weg dorthin kam uns der Game Ranger vom gestrigen Sunset-Drive entgegen und fragte, ob wir schon die fünf Löwen gesehen hätten. Wir erzählten kurz unsere Geschichte und er musste lachen, weil er sowas unglaubliches noch nie gehört oder erlebt hat. Eigentlich wollten wir für morgen früh bei ihm eine Working Safari buchen, also eine Fußsafari durch den Busch hier in der Nähe. Wir sagten ab, hatten schließlich genug Abenteuer.

Am Wasserloch angekommen, lagen unsere Löwen immer noch faul herum. Wir drehten eine Runde und als wir zurück kamen, waren die Löwen weg und vor uns eine Autoschlange. Sie liefen an der Pad entlang in Richtung Mata-Mata Camp. Der Game Guarde vermutete vorhin, dass sie wohl über Nacht entweder bis nach Mata-Mata oder zum Kalahari Tented Camp kommen, in dem wir vorgestern nächtigten. Heute könnte ich dort nicht gemütlich auf der Terrasse sitzen und den Geräuschen lauchen.

18:45 Uhr waren wir zurück im Camp, unterhielten uns mit unseren südafrikanischen Nachbarn, machten ein Lagerfeuer mit Folienkartoffeln und blickten noch einmal in den wunderschönen Sternenhimmel. Eines werden wir nach dem heutigen Tag wohl niemals in unserem Leben vergessen, den tiefen Blick in die Augen eines Löwen.
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