Namibia
Rundreise durch das Sonnenland
3. September 2008 - 22. September 2008



12. Tag - Faszination Wüste, ein Tag in der Namib

Um 5:00 Uhr klingelte uns der Wecker aus dem Schlaf. Es war kalt, eiskalt. Und im warmen Schlafsack gerade so kuschelig. Aber heute ist ein großer Tag und es soll der faszinierendste Tag auf unseren Reisen werden. Also nichts wie raus. Bibbernd schlüpfte ich in meine kalte Hose, zog eine Jacke drüber und die Schuhe an und betrat wohl als allererstes am heutigen frühen Morgen den Boden des Campgrounds. Es zwischerte noch kein Vogel, der Vollmond erleuchtet den Platz, es war still. Bald kam Basti hinterher und wir machten uns daran, das Zelt zusammenzubauen, ins "Bad" zu verschwinden und das Auto startklar zu machen. Tisch und Stühle blieben hier, die brauchten wir ja heute Abend wieder. Und nun ging's los.

Mittlerweile liefen mehrere Gäste über den Campground, scheinbar hatten viele das gleiche vor, wie wir. Ist ja auch klar, aus diesem Grund haben wohl die Gäste speziell diesen Campground vorreserviert.

Denn pünktlich 6:00 Uhr, das heißt eine Stunde vor Sonnenaufgang, öffnet das Camp das Tor zur Namib, der ältesten Wüste der Erde. Die Gäste, die in Lodges übernachten, dürfen erste eine Stunde später losfahren, da diese noch am Eingangstor zum Camp stehen und auf deren Öffnung warten müssen. Wer zur Namib will, muss durch's Camp.

6:02 Uhr fuhren wir los, wir waren die zweiten, die das Tor passierten. Nun hatten wir noch eine Stunde Zeit, bis die Sonne aufging und vor uns lag eine 45 Kilometer lange Strecke. Wir querten das Bett des Tsauchab und sahen nichts, außer schwarze Umrisse der Dünen, unter anderem "Big Daddy", die höchste unter ihnen. Nur langsam wurde es hell, die Aufregung stieg.

Nach genau 45 Kilometern zweigte links eine kleine Einfahrt ab, sie führt zur schon berühmt gewordenen Düne 45. Wir bogen ein, packten uns in warme Sachen, Rucksack auf den Rücken, Kamera um den Hals und los ging die beschwerliche Dünenbesteigung bei eisiger Kälte. Mit uns ein paar weitere überschaubare Touristen. Ich hatte mit mehr gerechnet.

Schritt für Schritt kämpften wir uns am langen Grat nach oben, einen Fuß vor den anderen, in kleinen Schritten. Kurze Pause, und weiter ging's. Nach 20 Minuten und somit genau eine Stunde seit Abfahrt erreichten wir den Gipfel ... und wurden belohnt von einem Sonnenaufgang, wie wir ihn zuvor noch nie erlebt haben (Foto rechts).

Die Kälte zog Nebel mit sich, der sich über die tiefe Fläche legte. Die aufgehende Sonne brachte die Dünen zum Glühen. Welch irres Naturschauspiel.

Während die meisten Touristen den Dünenkamm verließen, liefen wir diesen noch ein Stück weiter, bis wir allein auf weiter Flur da oben unsere Zweisamkeit genießen konnten :-)

Den Abstieg machten wir uns ganz besonders einfach, wir nahmen die direkteste Verbindung zwischen Dünnenkamm und Erdboden, nämlich durch rasentes Abwärtshüpfen an der flachen Seite. Das war ein Spaß :-) Da wir ja alleine waren, alle anderen Touristen waren bereits unten, konnten wir unseren Albernheiten freien Lauf lassen, hihi.

Unten angekommen, leerten wir unsere Schuhe und liefen zurück zum Auto. Während Basti Wasser für Tee und Kaffee kochte, streifte ich mit meiner Kamera ein wenig umher und gewann wunderschöne Wüsteneindrücke in leuchtenden Farben (Foto links). Nicht nur der Sand glühte, sondern auch die Kamera, als ich wieder zurückkehrte.

Wir machten es uns gemütlich und frühstückten erst einmal. Schließlich macht Sport hungrig.

Kurze Zeit später kam ein netter Mann um die Ecke und fragte uns, ob wir Kanadier seien. Wir verneinten und er meinte, er habe den kleinen Kanadaaufnäher auf einem unserere Koffer (die ja auf der Rückbank weilen) gesehen und fände das cool, da er selbst aus Toronto kommt und sich geehrt fühlt. Wir mussten lachen und unterhielten uns in der Wüste über Kanada. Wir erzählten, dass wir schon zwei Reisen dorthin unternommen haben und uns das Land so gut gefällt. Er verabschiedete sich und ging zurück zu seiner Reisegruppe. Wir frühstückten weiter und quatschten, als der nette Herr wiederkam und seinen Arm mit geschlossener Faust ausstreckte. Er meinte, er möchte uns etwas schenken, brachte einen Kugelschreiber mit der kanadischen Flagge drauf zum Vorschein mit der Aufforderung, nach Kanada zurück zukehren. War das ein Wink mit dem Zaunpfahl? Ich freute mich total, nicht nur, weil mein mitgebrachter Kugelschreiber sowieso gestern aufgegeben hatte.

Nun aber hatten wir lange genug gefrühstück, es soll endlich weitergehen, in die Tiefe der Wüste, nach Sossusvlei. Vor einer gigantischen Düne entdeckte ich schließlich eine Oryxantilope.

Nach 15 Kilometern ist die Teerstraße zu Ende und somit auch die Fahrt für alle 2x4-Fahrzeuge. Für uns also nicht :-) Unser Allrad funktionierte ja wieder, also drehten wir die Reifen auf 4x4 um, legten den 4x4-Gang ein und los ging's. Basti überließ mir die allererste Fahrt mit einem Allrad durch Wüstensand. Anfangs gar nicht so übel, ließ sich aber später das Auto nur noch schlecht lenken. Ein Baum kam immer näher, das Lenkrad drehte sich von alleine, der tiefe Sand hatte das Auto unter Kontrolle. Hochtourig und im niedrigem Gang bewältigten wir die vier Kilometer lange Sandstrecke. Mir war plötzlich so heiß, an was das wohl lag?

Wir erreichten den Parkplatz des Deadvlei und stellten das Auto dort ab. Den letzten Kilometer zum 4x4-Parkplatz und somit zum Sossusvlei gingen wir zu Fuß.

Ein Vlei ist eine graue Salz-Ton-Pfanne, eine Senke, in der sich nach seltenen Regenfällten Wasser sammelt. Der Anblick des Sossusvlei beeindruckte uns, das wahre Sandgebirge um uns herum ist mit weit mehr als 200 Metern eines der höchsten der Welt.

Auf der anderen Seite der Salzpfanne präsentierte sich eine Düne, die sich perfekt zum Hinaufklettern eignete. Ein paar Touristen marschierten schon vor uns hinauf, doch bis wir den Fuß der Düne erreichten, waren die anderen schon wieder unten.

Oben angekommen, eröffnete sich uns eine fantastische Aussicht über einen winzigen Teil der unendlich scheinenden Namib. Die weißen Vleis überdecken den Boden und grüne Büsche bringen etwas Farbe ins Spiel. Für uns war das kaum zu glauben, hier wirklich zu stehen, zu sein, eines der lebensfeindlichsten und vegetationsärmsten Gebiete überhaupt auf dieser Welt zu erleben. Kein Laut war zu hören. Durch perfekte Sandwellen zogen endemische Nebeltrinker-Käfer filigrane Spurenmuster. So schnell, wie sie auftauchten, waren sie auch wieder verschwunden. Da drüben tauchte eine kleine Eidechse auf, die sich schnell wieder in den Sand eingrub. Zwergpuffotter, die als einzige Viper in der Namib-Wüste lebt, haben wir keine gesehen.

Auf die gleiche Weise wie vorhin, sprangen wir die Düne hinunter, umrundeten das große Sossusvlei und stellten fest, dass die meisten der sowieso schon wenigen Besucher bereits gefahren sind. So blieben wir fast alleine zurück, daran haben wir uns in diesem Land schon lange gewöhnt. Ach, wir waren einfach nur noch hin und weg und freuten uns wahnsinnig, noch den ganzen Tag vor uns zu haben.

Die Sonne strahlte immer heißer vom blauen Himmel. Wir liefen zurück zum Parkplatz und entdeckten ein Schild, auf dem Stand "Deadvlei - follow markers". Nur blöderweise standen da nirgends Markers herum und wir liefen natürlich zuerst in die falsche Richtung.

Zurück zum Schild probierten wir die andere Richtung aus und sahen Fußspuren. Sie führten vorbei an Wüstenblumen, unberührten kleine Dünchen, die zum Hinaufklettern verleiteten und nach einer halben Stunde blickten wir von einem Dünenkamm hinunter und zu unseren Füßen lag das erstaunliche und beeindruckende Deadvlei.

Wir liefen hinunter und standen wenig später auf weißer Salzkruste zwischen abgestorbenen Bäumen, die wegen des trockenen Wüstenklimas nur sehr langsam verfallen. Ein Gefühl von absoluter Freiheit in der ewigen Weite. Ein Augenblick, der für die Ewigkeit sein sollte. Die Uhr schien stehen geblieben, hier herrscht kein Leben, keine Pflanze hat eine Chance, zu gedeihen. Deshalb wohl auch der Name Deadvlei (Foto links).

Von diesem Anblick wollten wir uns erstmal nicht lösen. Der Kontrast zwischen weißem Boden, orangenen Dünen und blauen Himmel war enorm. Wir liefen in die Mitte der Pfanne, setzten uns auf den Boden und genossen die unendliche Stille. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Wir hatten Glück, dass die meisten Besucher bereits vor uns hier waren und wir nun die Zeit wieder einmal in Zweisamkeit genießen konnten.

Fast zwei Stunden hielten wir uns hier in der Mittagssonne auf, bis wir den gleichen Weg zurück nahmen.

Wieder am Auto, fuhren wir zurück durch den tiefen Sand zum 2x4-Parkplatz, diesmal saß Basti am Steuer und war mindestens genauso servös wie ich vorhin.

Von dort aus liefen wir los und folgen erneut den Fußspuren, denn laut der Beschreibung im Reiseführer musste irgendwo da hinten das Hiddenvlei sein. Wir liefen querfeldein und bestaunten die verschiedenfarbigen Dünen. Während diese hier sich in leuchtendem Orange zeigten, schimmerten die anderen dort hinten in einem leichten Rosa.

Wir wanderten immer weiter die Dünen hinauf, haben schon gefühlte 1000 Höhenmeter und fünf Kilometer überwunden und die hier lebenden giftigen Zwergpuffotter schon längste vergessen. Oben angekommen, entdeckten wir schließlich das verborgene Vlei (Foto rechts) In aller Ruhe liegt es da, doch wir trauten unseren Augen kaum, Reifenspuren durchziehen das fragile Ökosystem. Da die Dünen der Namib nicht wandern, sind derartige Spuren auch noch Monate später zu sehen, wie wohl diese hier. Wie kann jemand soetwas tun? Vor allem, wie kommt denn ein Auto dorthin? Unbegreiflich.

Um uns zu orientieren, wo wir eigentlich genaus waren, mussten wir nur die grüne Oase suchen, von oben nicht schwer zu erkennen. Und genau dort stand auch das Auto. Ein beschwerlicher Weg zurück zum Auto stand uns bevor, die Sonne brannte, war aber dennoch gut zu ertragen.

Am Auto machten wir erstmal eine kleine Rast mit Kekse und Obst und fuhren erneut durch die 4x4-Piste zum Parkplatz am Sossusvlei.

Etwas abseits des Wegrandes entdeckten wir zuerst zwei Strauße und dann zwei Oryxantilopen und blieben stehen (Foto links). Ich wagte mich aus dem Auto um sie zu fotografieren, erntete aber aufmerksame und angriffslustige Blicke. Oryx sind wild, fast and dangerous und nicht zu unterschätzen. Also stieg ich zurück ins Auto und ließ sie in Ruhe.

Plötzlich erleuchtet am Tacho eine Lampe, die nichts Gutes zu bedeuten hatte. Ich dachte gleich, dass wir jetzt hier auf der Stelle stehenbleiben, bei diesem Auto weiß man das nicht. Mit ungutem Gefühl blätterten wir in der Betriebsanleitung, hatten aber kein Handynetz, um die Autovermietung anzurufen. Naja, dann eben später und wir ließen uns durch so eine blöde Leuchte jetzt nicht diesen perfekten Tag vermießen. Wir vergaßen schnell und liefen hinüber zum nicht weit entfernten Naravlei, welches weniger bekannt, aber nicht unspektakulärer ist. Auch hier drehten wir eine Runde und unterhielten uns gut. Am Parkplatz stand nur noch ein weiteres Auto, die Leute dazu haben wir nicht gesehen, man verteilt sich eben in der Wüste :-)

Wir fuhren erneut zum Deadvlei-Parkplatz, durch tiefen Sand um auszuprobieren, ob die Leuchte etwas mit dem Allrad zu tun haben könnte. Denn schließlich mussten wir die 4x4-Piste wieder zurück zur Teerstraße. Wir stellten das Auto neben ein anderes und liefen zurück zum Sossusvlei.

Mit sinkender Sonne verwandelten sich die Farben der Dünen. Nun sind sie hellbraun bis grau, der Boden leuchtete, da sich die Sonne darin spiegelte. Einmal umgedreht und uns strahlte eine Düne im dunklen Orange an, die grünen Büsche darauf leuchteten und der dunkelblaue Himmel gab sein Bestes, um diesen Augenblick mit einem genialen Foto einzufangen. Wieder gedreht, war wieder alles grau und braun (Foto rechts). Faszinierend. Der Wind wehte den Sand vom Dünenkamm, es wurde Abend. Je weiter die Sonne sich dem Horizont näherte, umso abwechslungsreicher spielten die Farben. Eine Dünenseite leuchtete, während die andere in schwarzem Schatten verschwand.

Im Sossusvlei setzten wir uns in die Mitte auf den Boden und warteten, bis die Sonne hinter der Düne unterging. Auch hier waren wir alleine und trauten uns gegenseitig nicht die Stille zu unterbrechen. Wir genossen einfach, denn so schnell werden wir nicht wieder in einer Wüste sein.

Nun mussten wir uns aber doch beeilen, denn ist die Sonne einmal weg, wird es schnell dunkel und nun haben wir nur noch eine Stunde, um zurück im Camp zu sein. Pünktlich 19:45 Uhr würde das Tor schließen. Wir eilten also zurück zum Auto und entdeckten am Rand der Piste auf einer winzigen Düne, ca. 100 Meter von uns entfernt erneut drei aufmerksame Oryxantilopen, dessen 80 cm langen Hörner meine jetzigen Gedanken fest im Griff hatten. Diesmal stand das schützende Auto einen Kilometer entfernt. Ups, meine Knie wurden plötzlich ganz weich. Nur nicht anmerken lassen, dass wir was von denen wollen. Einfach weiterlaufen, nicht umdrehen, nicht losrennen. In sicherer Reichweite senkte sich schließlich der Adrenalinspiegel wieder.

Nach dieser Aufregung folgte die nächste, denn nun mussten wir ohne Panne die 4x4-Piste zurück, immerhin leuchtete die undefinierbare Lampe im Auto immer noch.

Aber wir schafften es, auch wenn der Baum von heute Morgen erneut gefährlich nahe kam und ich das Auto gerade noch irgendwie daran vorbeilenken konnte. Gar nicht so einfach das ganze aber ich freute mich, auch endlich einmal Allrad-Erfahrung gemacht zu haben. Das reichte aber jetzt auch.

Es wurde schnell finster, auf der Rückfahrt zum Camp erkannten wir wieder nur schehmenhaft die Umrisse der Dünen. Dahinter ging der Vollmond auf, ein leuchtend dunkelgelber Wüstenmond (Foto links).

Genau 19:37 Uhr und somit acht Minuten vor Schließung des Tores zum Camp schaute ich zum letzten Mal auf die Uhr. Wir nahmen Abschied von der Namib...
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Fotoalbum Namib-Wüste