4. Tag

Heute klingelt uns bereits 7:00 Uhr der Wecker aus dem Bett und beim Frühstück sind wir mit ganz wenigen anderen Gästen alleine.

Noch kurz nach dem richtigen Weg informieren und schon starten wir zur großen Wanderung in den Nationalpark Caldera de Taburiente. Das soll ein wahres Wanderparadies in der Urlandschaft des größten Erosionskraters sein. Wir freuen uns darauf! Die ausgesuchte Strecke soll über den Barranco de Angustias nach Los Brecitos führen und von dort aus die Wanderung in den Barranco hinunter.

Wir fahren den direkten Weg nach Los Llanos. Hier zeigen uns viele Hinweisschilder mit der Bezeichnung "Caldera de Taburiente" den richtigen Weg durch enge Gassen und steil nach oben führende, holprige Straßen. Jetzt geht es noch Serpentinenstraßen nach unten ins Tal, entlang hinabfallender Felsen.

Nach ein paar Minuten erreichen wir den Parkplatz, wir werden gleich angehalten und über das Taxi informiert, welches uns auch nach einer 20-minütigen Wartezeit abholt.

Inzwischen hat sich eine kleine Gruppe angesammelt, die alle auf eigene Faust die Wanderung erleben wollen. Es werden noch 10,00 Euro pro Person abgeknöpft, dafür, dass uns ein Fahrer über die 8 Kilometer lange Piste bis zum Ausgangspunkt der Wanderung bringt.

Die Fahrt hat es in sich und ist schon ein Abenteuer! Über Stock und Stein geht es steil nach oben. Ich klammere mich an den Haltegriff, mein Schatz an mich, denn die Kurven sind steil und es geht einige 100 Meter neben uns ab in die Tiefen des Barrancos, ohne Leitplanken oder sonstigen Schutz natürlich. Immerhin befinden wir uns im Wald auf einer Schotterpiste in einem Nationalpark, da gibt es keine Leitplanken! Die 10,00 Euro sind wohl mehr als Gefahrenzulage des Fahrers gedacht, als für alles andere. Nach ca. 45 Minuten erreichen wir endlich das Ende der Piste und somit den Ausgangspunkt der Wanderung in Los Brecitos.

Wir laufen auch gleich los. Der Weg geht durch Pinienwälder und entlang eines gut sichtbaren und einfachen Weges. Wir quatschen über alle möglichen Dinge und genießen die wunderschönen Aussichten über den Kessel. Doch am Himmel ziehen langsam dichte Wolken heran, verfangen sich in den über uns befindlichen Berggipfeln. Bald verschwindet auch die Sonne und der Wind bläst stärker. Wir denken schon daran, einen Schritt zuzulegen. Doch sollte die Wanderung tatsächlich 6 Stunden dauern, macht das keinen Sinn, wenn es anfangen sollte zu regnen. Doch der Schein trügt, die Sonne kommt wieder hervor und die Wolken bleiben in den Berggipfeln.

Wir wandern gemütlich weiter, kommen vorbei an kleinen Wasserläufern und Wasserfällen, bleiben oft stehen um die Natur zu genießen und Fotos zu machen .Bis zum ausgeschilderten Campingplatz vergehen 1 ½ Stunden und der Weg bis dahin ist weiterhin angenehm zu laufen. Vorbei an Wasserfällen passieren wir das erste mal den Fluß. Über die Steine kann man die Wasserläufe anfangs noch gut überqueren. Am Campingplatz stärken wir uns und holen an der Information Auskünfte über den weiteren Abstieg. Der Herr meinte dazu, wir müssen im Tal des öfteren den Fluß überqueren. Na, da sind wir gespannt!

Hier zweigen nun mehrere Wanderwege ab, der richtige zurück zum Parkplatz ist ausgeschildert mit dem Hinweis "Barranco de Angustias". Ab jetzt soll also der Weg komplizierter werden. Wie kompliziert erfahren wir bald, denn es geht steiler hinab, wir müssen uns festhalten. Gutes Profil an den Schuhsohlen sollte vorhanden sein, um nicht so schnell abzurutschen. An manchen Stellen ist es noch steiler, ohne Geländer oder Halt. So geht der Weg nun ca. 1 Stunde weiter und wir kommen nur langsam voran.

An einem kleinen Rastplatz ein paar Minuten später zwingt mich meine Neugier dazu, die Felsen etwas hinabzuklettern, nach links einzuschlagen, über Steine zu klettern um zu sehen, was sich wohl dahinten um die Ecke noch so alles abspielt. Und siehe da, ein wunderschöner einsamer Wasserfall stürzt in die Tiefe. Den kann sonst niemand sehen, wer sich nicht hier hinter wagt. Ich sitze auf der Klippe, lasse die Füße frei herunter baumeln und sehe mir den schönen Wasserfall an. Wieder zurück auf dem Wanderweg freue ich mich an meinem gelungenen Foto (rechts).

Die nächsten Flußüberquerungen sind dann nicht mehr so einfach. Die meisten Wanderer ziehen sich ihre Schuhe aus. Es erfordert Geschick und auch etwas Mut, rüber zu kommen. Unsere Knie werden allmählich weich. Dass die Wanderung so ein Abenteuer wird, hatten wir nicht gewußt. Mit ein paar Sätzen über die glitschigen Steine gelangen wir nach längerer Überlegungszeit erneut über den Fluß.

Bis auf das Rauschen des Flusses war es schön ruhig hier im Nationalpark. Keine Wanderer zu sehen, wir waren ganz alleine und unterhalb des Pfades, der nun weiter in Richtung flußabwärts verläuft, hören wir einen Frosch quaken. Wir bleiben stehen und verhalten uns leise. Aus einem Frosch werden schon bald ganz viele, alle quaken durcheinander und bescheren uns ein herrliches und romantisches Froschkonzert :-)

Eine Stunde später: Die Steine werden immer größer und wirhüpfen von einem auf den anderen. Die holländische Reisegruppe, die wir zwischenzeitlich einholten, ist schon wieder weit voraus und die Wanderer hinter uns noch sehr weit weg. Wir sind also alleine hier in dieser wilden Schlucht. Plötzlich wissen wir nicht mehr, wo lang es gehen soll. Der Fluß ist an dieser Stelle mindestens einen Meter tief. Links und rechts kommen wir durch die hohen Felswände nicht vorbei. Der einzige Weg ist beschriftet (mit weißer Farbe in den Stein gemalt), dass es hier nicht weitergeht, es wäre eine Sackgasse. Wir fragen uns, wo dann der richtige Weg entlang führen sollte. Etwa weit oberhalb des Flusses und wir haben eine Abzweigung vorher verpasst? Wir klettern trotz des Hinweises im Stein die Felsen nach oben. Es fehlen eigentlich nur noch die Karabinerhaken, dann könnte man das Freeclimbing nennen. Wir klettern die nächsten 10 Minuten nur an den Felsen herum, stießen auf einen Trampelpfad und klettern wieder hinunter zum Fluß, da der Pfad nicht weiter ging. Haben wir uns tatsächlich verlaufen? Wir setzen uns auf die großen Steine und überlegen. Ich kann vor Aufregung gar keine Fotos machen ...

Nach kurzer Zeit entdecken wir in weiter Ferne drei Wanderer, die nun an der selben Stelle hängen bleiben, wie wir vorhin. Sie sehen uns und wissen natürlich, dass es der richtige Weg ist und es irgendwie zu uns rüber gehen muß. Kein Kunststück! Wir sahen vorhin überhaupt niemanden! Aber es kann nur ein Weg zum Parkplatz führen, nämlich immer am Fluß entlang. Unsere Knie sind erneut ganz weich und die Mägen hängen auch schon wieder bis zum Boden. Der Proviant ist alle, nur Wasser ist reichlich vorhanden.

Es ist mittlerweile schon 16:00 Uhr. Der Parkplatz kann doch nicht mehr so weit sein. Immerhin laufen wir nun schon seit 5 Stunden! Wir finden einen Weg nach oben, direkt oberhalb unseres kurzen Rastplatzes. Doch was ist denn das? Zwei Pferde! Was haben die hier zu suchen? Sehr merkwürdig... Endlich entdecken wir hinter einem der Pferde ein Hinweisschild, die wir wohl vorher übersehen haben müssen. Wir liegen richtig!

Und wieder geht es steil bergab. Festhalten ist angesagt und wachsam sein. Auch den Fluß müssen wir mehrmals überqueren. Ist es einfach kein Ende in Sicht, aber die Aussichten entschädigt dafür alles!

Ein Afrikaner z. B. würde dazu nur eines sagen: Wieso zum Teufel fahren die beiden mit einem Auto eine steile Piste auf einen Berg, bezahlen dafür auch noch etwas um anschließend einen anderen Weg hinunter zu marschieren, der noch dazu gefährlich ist? Aber wir brauchen nun mal das Abenteuer und hatten uns extra deswegen diese Wanderung herausgesucht!

Die Gruppe Holländer holen wir später ein und hoffen, nun doch bald wieder am Parkplatz anzukommen. Es ist alles ziemlich anstrengend und die Füße tun weh.

Nach 6 ¾ Stunden, endlich, ich sehe ein Auto ... ja, der Parkplatz ist in Sicht. Wir haben es geschafft! Mit müden Füßen und erschöpft steigen wir ins Auto und ruhen uns aus. Wenig später nehmen wir die selbe Straße zurück nach Los Llanos und nehmen uns vor, morgen nur etwas kleines zu unternehmen. Wir düsen ins Hotel und freuen uns auf ein großen Abendbüfett, was seit zwei Stunden das Hauptthema ist.

Wir essen uns an 5 Gängen satt, 3 mal davon Desserts :-) und denken an unser Erlebnis zurück, die Eindrücke und das gesamte Geschehen. Später auf unserem Bal

kon öffnen wir eine Flasche Wein, machen es uns gemütlich und quatschen. Ein gelungener Abend nach einem gelungenen Tag!

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