Good Morning Vietnam
Rundreise durch das nördliche Bergland
29. Oktober 2009 - 15. November 2009




2. Tag - Hanoi

Um 7:00 Uhr wollten wir eigentlich aufstehen, um so viel wie möglich Zeit für den heutigen Tag in Hanoi zu haben. Doch wir dachten gar nicht ans Aufstehen. Zu Hause wäre es gerade erst 1:00 Uhr.

Eine Stunde später quälten wir uns dann doch aus dem Bett. Außerdem gab es nur bis 9:00 Uhr Frühstück.

Einer der Hotelangestellten gediente uns in der Küche und bereitete wie in einer häuslichen Küche Toast mit Butter und Marmelade sowie zwei Spiegeleier vor. Ein etwas außergewöhnlicher Anblick.

Nochmal schnell ins Zimmer, alles eingepackt, was mit muss und dann auf in den Trubel der Stadt.

Wir nahmen den direkten Weg zum Hoan Kiem-See, der nicht weit von unserem Hotel entfernt ist. Rechts, links, geradeaus über die Straße und schon waren wir da. Der See ist für die Bewohner die Seele der Stadt.

Der Name bedeutet: "Der See des zurückgegebenen Schwertes" und geht auf eine Legende zurück, wonach ein vietnamesischer Held mit einem Schwert in die Schlacht gegen die Chinesen zog, welches ihm zuvor beim Fischen im See ins Netz gegangen sein soll. Er kehrte zurück, um dem Geist des Sees zu danken und währenddessen erschien plötzlich eine riesige Schildkröte, die ihm das magische Schwert wieder abnahm. Da im See tatsächlich riesige Schildkröten leben, wurde ihnen auch der dreistöckige Schildkröten-Pavillon direkt im See gewidmet (Foto rechts).

Wir spazierten am Ufer entlang, mit vielen Bänken und Sitzgelegenheiten und beoachteten einen älteren Herrn bei seinen Tai Chi-Übungen, was sehr elegant aussah und ein kleiner Hingucker war.
Danach folgten wir dem Ufer ans Nordende, an mehreren Brautpaaren vorbei, die für Fotos Pose standen. Der Jadeberg-Tempel sollte unser Ziel sein, der über die hübsche geschwungene The Huc-Brücke zu erreichen ist, die "Brücke der aufgehenden Sonne". Vorbei am 9 Meter hohen Thap But-Turm traten wir hinein an den Tempel, der der Literatur geweiht ist. Im Inneren waren wir erstmal ein wenig überwältigt, soetwas haben wir natürlich noch nie gesehen. Der Altar ist in rot gehalten, Räucherstäbchen zauberten einen exotischer Duft (Foto links).

Es gefiel uns sehr gut, trotzdem hat es uns nicht umgehaun, sondern war einfach nur etwas völlig anderes und neues, als wir bisher auf dieser Welt sehen durften.

Wir verließen den Tempel, überquerten die Straße, hinein in die Altstadt. Hier holte uns die Hektik ein, täglich pumpt der Pulsschlag in diesem Viertel eine halbe Million Menschen samt ihren Gefährten durch die Straßen und Gassen. Mindestens tausend Mopeds auf einem Haufen. Das ist der blanke Wahnsinn! Eine Katastrophe! Das Überqueren der Straßen wurde von Minute zu Minute schwieriger, immer mehr Mopeds kamen dazu, je später es wurde. Ein Gehupe um die Wette, nicht nur von Mopeds sondern auch von Bussen und Taxis, es überdröhnte unsere Stimmen, wir unterhielten uns daher ziemlich laut oder gar nicht, bis wir in die kleinen Gassen abtauchten. Hier ist zwar ein bisschen weniger los, aber zumindest ist es nicht so unwahrscheinlich laut.

Die Häuserfassaden wirken in Szene gesetzt, moderne Boutiquen und Hotels siedeln neben jahrhundertealten Betrieben und kleinen Geschäften, Starkstromkabel hängen fast auf Kopfhöhe, und zwar nicht nur eins, sondern mindestens zwei Dutzend (Foto rechts) und mitten in den engen Gassen ragen grüne Bäume in die Höhe.

Es machte uns Spaß, hindurchzustreifen, das Viertel auf uns wirken zu lassen, die Menschen zu beobachten.

Vorbei an zahlreichen Garküchen, die wir allerdings nicht ausprobierten, zu suspekt sah uns das aus, sowie den sogenannten Röhrenhäusern, die 3 Meter breit, dafür aber 50 Meter lang sind, fanden wir mit Hilfe unserer Straßenkarte zur St.-Joseph-Kathedrale. Sie stammt aus dem Jahre 1883 und erinnerte uns an wegen ihrer zwei Türme und der neogotischen Architektur an die Kathedrale Notre-Dame in Paris. Leider waren die Türen ins Innere geschlossen, so durften wir nur mit dem Anblick von außen Vorlieb nehmen.

Auf unserem weiteren Streifzug durch die Stadt entdeckten wir plötzlich rechts neben uns, direkt an einer Straße gelegen, einen chinesischen Tempel, den wir gar nicht im Reiseführer fanden (Foto links).

Wir traten ein, standen in einem kleinen parkähnlichen Innenhof und wussten gar nicht, was wir denken sollten. War es überhaupt erlaubt, hier zu sein? Was hat der Tempel für eine Bedeutung? Wieso ist es ein chinesischer und kein vietnamesischer? Wir fanden zu keiner unserer Fragen Antworten. Merkwürdig.

Da uns der Jetlag noch ganz schön plagte, beschlossen wir, nur noch den Literaturtempel Van Mieu zu besichtigen und den restlichen Tag nicht mehr viel anzustellen. Der Straßenkarte folgend liefen wir zuerst durch die Gassen bis zur Hai Ba Trung Straße, diese in die völlig verkehrte Richtung, drehten nach zwei Kilometern um, alles wieder zurück bis wir schließlich nach der Überquerung einer gefährlichen Kreuzung, auf der auch noch eine Eisenbahnschiene ins Spiel kam, direkt vor dem Literaturtempel standen. Wir hätten einfach nur nach links gehen müssen um zum Haupteingang zu gelangen. Stattdessen umrundeten wir ihn einmal, weil wir den Eingang suchen.

Er ist einer der wichtigsten und bekanntesten Tempel des Landes und geht auf das Jahr 1070 zurück. Er besteht aus fünf aufeinanderfolgenden Höfen, jeder einzelne hat seine Bedeutung und Geschichte. Sie sind durch Mauern voneinander getrennt und durch Tore miteinander verbunden.

Wir traten durch das dreiteilige Eingangstor hinein und durchliefen die hübsch angelegten Höfe. Im dritten Hof (Foto rechts) befindet sich ein Teich, die "Quelle des himmlischen Lichts" und links und rechts davon besichtigten wir die insgesamt 82 Steinstelen, die auf den Rücken von Schildkröten getragen werden. Die Schildkröten sind allgegenwärtig :-) Auf den Tafeln wurden die Namen der Kandidaten festgehalten, die den Tempel als voll ausgebildete Mandarin verlassen haben.

Im vierten Hof liegt der Konfuziustempel, der innen mit roten Schnitzereien von Drachen als Symbol des Königs und des Kaisers und Phönixen als Symbol des Universums verziert ist. Auch Konfuzius' Statue hat seinen Platz gefunden und wird umgeben von zwei großen, auf Schildkröten stehenden Kranichen, die als Symbol der Einheit von Himmel und Erde stehen und in jedem Tempel zu finden sind. Im fünften Hof besuchten wir eine Ausstellung zur Geschichte des Tempels, leider nur in vietnamesischer Sprache.

Wir verweilten in der Tempelanlage bis es Nachmittag wurde und schrieben ein paar Postkarten nach Hause. Die restliche Zeit des Tages nutzten wir, um unsere Weiterreise für morgen zu organisieren. Mein Reiseführer gab mir zu verstehen, dass öffentliche Busse nach Mai Chau vom Giap Bat Busbahnhof aus starten. In Hanoi gibt es drei Busbahnhöfe, dieser besagte befindet sich im Süden der Stadt. Also nichts wie hin zum Tickets kaufen. Wir liefen lang, immer der Bahnschiene folgend, bis wir nach einer halben Stunde endlich ankamen. Dort noch eine breite Straße überquert und am Ticketschalter angestehen. Leider verstand der Ticketverkäufer kein einziges Wort von dem, was ich sagte. Ich zeigte ihm die Landkarte und deutete auf den Ort Mai Chau, keine Reaktion. Doch, es kam eine Reaktion, nämlich dass er sich von uns wegwante und irgendwelche Zettel hervorholte um darin zu blättern. Definitiv hatte dieses Zettelstudieren nichts mit meiner Frage nach dem Bus nach Mai Chau zu tun, sondern er wusste einfach nicht, wie er antworten sollte und beschäftigte sich stattdessen anderweitig. Wir gingen wieder, das hatte keinen Sinn. Zurück im Zentrum, die Füßen taten schon weh, suchten wir das nächste Reisebüro, von denen wir bisher schon jede Menge sahen. Nur dann, wenn man eins braucht, ist keines zur Stelle. Wir eierten noch ziemlich herum, bis wir endlich eins fanden und fragten die Dame nach einer Möglichkeit, nach Mai Chau zu gelangen. Sie sagte natürlich zuerst, dass wir bei ihr eine Tour buchen sollen, mit Shuttle-Bus, der uns hinfährt, mit Übernachtung und Abendessen und wenn der Shuttle-Bus zurück nach Hanoi fährt, müssen wir ja nicht mitfahren, wenn wir in die andere Richtung weiter wollen. Das ganze hätte uns 90,00 US$ pro Person gekostet und das war uns zu teuer, nur weil wir den richtigen Busbahnhof nicht fanden. Wir fragten, von welchem Busbahnhof denn Busse nach Mai Chau abfahren. Sie wurde plötzlich unhöflich, weil wir nichts von ihrer organisierten Shuttle-Bus-Tour wissen wollten und antwortete mit "My Dinh". Falsch ausgesprochen, nämlich "My" wie das englisch "my" verstand uns hier kein Mensch. Richtig ausgesprochen "mi" machte es hingegen für alle einfacher :-)

Raus aus dem Reisebüro nahmen wir Kurs zu unserem Hotel, was nicht weit entfernt lag und fragten dort den Hotelangestellten, ob er uns freundlicherweise für morgen ein Taxi zum My Dinh-Busbahnhof reservieren könnte, da sich dieser ca. 10 Kilometer weiter weg befindet. Ok, passt alles, Taxi kommt um 9:00 Uhr und die Busse fahren ständig zu jeder Tageszeit ab. Geht doch!

Gut, dann wieder auf ins Stadtgetümmel. Es wurde langsam dunkel aber wir wollten nun doch noch den im Reisefeührer erwähnten Tempel Bach Ma finden. Es bedeutet "Weißes Pferd" und die Legende erzählt, dieses Pferd habe beim Bau der Zitadellenmauern geholfen.

Vorbei am Hoan Kiem-See, durch die Gassen der nördlichen Altstadt, durch die sich wieder so viele Mopeds wie Menschen drängelten, fanden wir den Tempel eigentlich ganz schnell, aber er hatte schon geschlossen. Also wieder alles zurück, es ist auch egal, ob man auf der Straße läuft oder auf dem Gehweg. Ein Gehweg als solcher ist sowieso nicht vorhanden oder mit unzähligen Schuhen aus den Schuhgeschäften vollgestellt. Das Gehupe klingelte sich regelrecht in unseren Ohren, die Rush Hour wurde immer schlimmer und die vier Meter breite Straße mittlerweile von gefühlten zweitausend Mopeds und Autos bevölkert. Im Gänsemarsch liefen wir am Straßenrand wieder hinunter zum See.

Auf dem Stadtplan hatten wir die Post ausgemacht, wo wir unsere Postkarten gleich loswerden wollten. Dass sie trotzdem erst drei Wochen später angekommen sollten, überraschte uns nicht. Wir liefen am Seeufer hinunter in Richtung Post, als wir diese erreichten, mussten wir die breite Straße überqueren, diesmal auf eine ziemlich grenzwertige Weise. Die Straße war so breit, dass ca. 15 Mopeds nebeneinander Platz hatten und den Fußgängern blieb nichts anderes übrig, als ab durch die Mitte zu laufen, die Mopeds weichen schon aus. Also mutig voran und auch gut rübergekommen, aber der dicke SUV blieb nicht stehen und hätte uns glatt angefahren, wenn wir nicht ausgewichen wären. Ich konnte mich noch an der Motorhaube festhalten um nicht ganz umgefahren zu werden. Immerhin haben wir heute schon zugesehen, wie ein Mopedfahrer angefahren wurde, mitten auf einer Kreuzung stürzte und der Übeltäter einfach weiterfuhr.

Gegenüber des Postgebäudes steht die Ly Thai To-Statue, hier fand heute Abend eine kleine Show statt, mit Bühne und lauter Musik auf der anderen Straßenseite. Diesmal rannten wir aber über die Straße, als mal für eine halbe Minute nichts kam.

Das reichte für heute, wir gingen ins vorhin schon erspähte Thung Ta Café direkt am See gegenüber des Jadeberg-Tempels und bestellten vietnamesischen grünen Tee und ein paar Leckereien und zahlen dafür umgerechnet 6,00 €. Satt gegessen fanden wir schnell und problemlos den Weg zurück ins Hotel und freuten uns auf morgen, wenn es raus aus der Stadt und somit in das nördliche Bergland fernab von der Großstadthektik geht. Was sehnte ich mich danach!

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Fotoalbum Hanoi